Marie Zickwolf

Marie Zickwolf

In einigen Woyzeck-Lektürehilfen und -Interpretationen wird die weibliche Hauptfigur als "Marie Zickwolf" aufgeführt. Genau genommen heißt die Figur nur "Marie", der Familienname wird in der Figurenkonstellation nicht genannt. Die Nennung des Nachnamens "Zickwolf" bleibt der Stimme aus dem Boden vorbehalten, das gleiche gilt für den ersten Handschriftenentwurf, in dem die Stimme aus dem Boden ursprünglich das Totstechen der "Woyzecke" fordert. In diesem Zusammenhang - der Auslassung des vollständigen Namens der weiblichen Hauptfigur und der Schließung dieser Lücke durch die Stimme aus dem Boden - kommt dieser Ruf von unten einer Offenbarung gleich, die etwas ausspricht, was offensichtlich zunächst verborgen bleiben soll. Keine Interpretation kann behaupten, dass der Name des Opfers "Zickwolf" sich tatsächlich von Woyzecks Name unterscheidet, Marie also in keinem Verwandtschaftsverhältnis zu Franz steht und somit eine familiäre Verstrickung, eine Geschwister- bzw. Mutter-Sohn-Beziehung definitiv ausschließen. Allerdings wird diese Frage im Kontext der metaphorischen Verklammerung beantwortet. Daher ist der Name "Zickwolf" als emotional bedingte sinnträchtige Verzerrung zu betrachten, in dem das reguläre "Woyzeck" zu einer animalischen abartigen Verbindung von Zicke und Wolf gelangt. Solche symbolträchtigen Benennungen oder Verzerrungen sind in der Romantik durchaus üblich. In Ludwig Tiecks Märchen "Der blonde Eckbert" sind Eckbert und Bertha (unbewusst) verheiratete Geschwister und in Victor Hugus Drama Lucrezia Borgia, Georg Büchner hat es aus dem Französischen uns Deutsche übersetzt, entfernt der Held an dem Palast der Borgias den Buchstabe "B" um den Charakter der Dynastie als "Orgia" bloßzustellen, zudem handelt es sich bei der Beziehungsgeschichte der männlichen und weiblichen Hauptfiguren (unbekannterweise) um Mutter und Sohn.   

 

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