Büchners Woyzeck hat zweifellos die Dramenform revolutioniert. Volker Klotz‘ 1960 erschienene epochemachende Schrift Geschlossene und offene Form im Drama hat die neue Form als „offene“ beschrieben und mit der metaphorischen Verklammerung das zentrale Formelement des Woyzeck-Fragments identifiziert, die, unabhängig davon, ob man ihm in allen Merkmalen (insbesondere keine Exposition, relativ autonome Szenen in zeitlich eher beliebiger Reihenfolge) folgt, die ästhetische Einheit des Werks herstellt. Allerdings hat man bis heute die Form des Woyzeck immer noch nicht voll begriffen, was nicht zuletzt durch die wissenschaftliche Auseinandersetzung über die Frage geschlossene oder offene Form des Woyzeck belegt wird, die sich nicht zuletzt an der Einschätzung des Status‘ des Fragments, also der Vollständigkeit oder Unvollständigkeit der sogenannten Hauptfassung H4 (Poschmann: H3) festmacht. Kernproblem dabei ist die seit Klotz nicht erneut analysierte metaphorische Verklammerung. Was fehlt ist die systematische Analyse, die Erklärung für dieses Manko ist leicht zu haben: Sie stellt die herkömmlichen Interpretationsansätze und damit die Literaturwissenschaft selbst in Frage, die sich nunmehr seit mehr als einem Jahrhundert mit Büchner abmüht und sich dabei wissenschaftlich blamiert. Die gängigen Deutungsansätze sind nur durch Filterung der Handschriftenentwürfe im Hinblick auf bestimmte Inhalte zu bewerkstelligen, eine systematische Auflistung aller Formelemente führt zum Kern der metaphorischen Verklammerung und damit zu den seelischen Energien, die zur Sprengung der konventionellen Dramenform geführt haben.

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