Stich ins Herz

In einer der dramaturgisch schwerwiegendsten Szenen verlangt die Stimme aus dem Boden, das weibliche Opfer, ursprünglich die Woyzecke, in der neueren Fassung die Zickwolfin, totzustechen. Woyzeck kauft in der drittletzten Szene der sogenannten Hauptfassung ein Messer. Als Soldat sollte er sowieso im Besitz eines Messers sein, aber die Dramaturgie will es so, damit der Fokus auf dem Messer liegt. Anschließend ruft die verzweifelte Marie: "Das Kind gibt mir einen Stich ins Herz". Dabei hat sie das kleine Kind auf dem Arm. In dieser Hinsicht stellt der Stich eine Metapher dar. In Erinnerung an das soeben erstandene Messer könnte das Publikum den Stich indes auch wörtlich verstehen. Dann wäre auch der Mörder ihr Kind. Jetzt - und erst jetzt - macht ihre abgrundtiefe Verzweiflung einen Sinn.

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